Whisky Review #40 : Strathisla - 13 Jahre 2003 / 2017 "The Distillery Reserve Collection"

Whisky Review #: Strathisla - 13 Jahre The Distillery Reserve Collection
Zu Besuch bei Strathisla - Straight from the Cask

Neben meinem Besuch bei GlenDronach (hier nachzulesen!) und Aberlour (folgt!) habe ich auch die Strathisla Brennerei besucht. Zugegeben, eigentlich handelte es sich hier um eine Ausweich-Lösung. Der erste Plan war Balvenie näher unter die Lupe zu nehmen, allerdings hat die Führung dort nicht in unseren Zeitplan gepasst. Es musste also eine Alternative her! Strathisla genießt den Ruf die schönste Brennerei Schottlands zu sein, allerdings ist sie eher für den Chivas Regal Blend bekannt, für den sie den Leading Malt darstellt. Whisky-technisch also eher eine Notlösung? ... dazu später mehr.

Die Zugstrecke von Dufftown nach Keith

Der Zug wird von ehrenamtlichen Helfern
betrieben, Hin- und Rückfahrt sind für 11 Pfund
zu haben. 
Das gesamte Gelände steht unter Denkmalschutz, Veränderungen an den Gebäuden sind damit kaum möglich (von außen gar nicht), was durchaus zu Problemen führen kann. Wir waren am Ende der sogenannten "Silent Season" da, womit die Zeit im Sommer bezeichnet wird, in der nicht gebrannt wird. Früher konnten die Bauern sich so ihren Feldern widmen und das Brenngewerbe fand eher im Winter statt. Heutzutage wird diese Zeit vor allem für notwendige Reparaturen genutzt. Einen Tag nach unserer Führung sollte eine Brennblase erneuert werden. Da aber der Platz sehr eng, baulich geschützt und schwer zugänglich ist, musste das halbe Dach des Brennhauses abgetragen werden. Auf den Bildern seht ihr schon die entsprechenden Gerüste. Der Denkmalschutz hat halt seinen Preis (der es aber absolut wert ist). Strathisla selbst bringt nur einen 12 Jahre alten Single Malt auf den Markt, der Hauptteil der 2,4 Millionen Liter Produktion geht, wie gesagt, in den Chivas Regal Blend. Wie sich zeigt: Schade eigentlich!

Zuerst lässt sich festhalten, dass die Brennerei wirklich hübsch ist. Wir haben uns mit einer Museumsbahn aus Dufftown auf den Weg nach Keith gemacht, ein Trip, den ich jedem empfehlen kann. Allerdings ist es nur Freitag - Sonntag möglich, so nach Keith zu gelangen. Die Einstimmung war also schon einmal wunderbar, und die Brennerei hält ihrem Ruf stand.


Straight from the Cask Tour

Als Tour hatten wir im Vorfeld die Straight from the Cask Tour gebucht. Wie bei allen größeren Touren ist hier das Buchen im Voraus absolut notwendig! Der Preis ist mit 35 Pfund nicht gerade im unteren Segment, allerdings kann man bei anderen Destillen auch deutlich mehr Geld loswerden. Für dieses Eintrittsgeld wird einem eine ausführliche Tour und ein Tasting mit 5 Whiskys in Fassstärke angeboten.
Das Brennhaus von außen.
Innenansicht. Das Gerüst für die Arbeiten
stand schon.
Die Brennereitour ist dabei wirklich ausführlich! Auch hier geht man fast 2 Stunden über das Gelände, erhält Einblicke in die Mahlmaschine, Mashtun, Washbacks (bei Strathisla hat das Experiment mit schottischer Lärche übrigens nicht gut funktioniert!) und das niedliche Brennhaus. Anschließend ging es noch in ein klassische Dunnage Lagerhaus. Wenn man mehrere Führungen hinter sich hat, dann erfährt man natürlich nicht wirklich etwas neues. Der Herstellungsprozess ist in den Grundzügen überall gleich. Strathisla hat allerdings die Besonderheit, dass die Schwester-Brennerei Glen Keith direkt nebenan ist, es führen daher Rohre aus der Brennerei zu Glen Keith um den Rohbrand abzutransportieren. Was haben wir noch Spannendes gelernt? Die Kapazität liegt bei moderaten 2,4 Millionen Liter Alkohol im Jahr (zum Vergleich: GlenDronach produziert 1,1 Millionen, andere Brennereien aber auch deutlich über 10 Millionen) und gelagert wird nur zum kleinen Teil auf dem Gelände und viel mehr in sogenannten Bonded Warehouses, welche überall über die Speyside verteilt sind. Insgesamt hat der Chivas Brothers Konzern davon mittlerweile an die 80 und es sollen noch einmal 27 neue gebaut werden. Über 100 Lagerhäuser, so viel zur Whisky-Romantik! Eine interessante Sache ist mir noch aufgefallen: Während der gesamten Tour stand der Single Malt im Vordergrund, der eigentlich tonangebende Blend wurde nur am Rande erwähnt. Wahrscheinlich ist man sich seiner Kundschaft auf dieser Tour bewusst. Ach ja, wir waren übrigens insgesamt zu 6., also nur 2 andere Gäste sind zu unserer 4er Gruppe gestoßen. Man konnte also wunderbar plaudern.
Tastingraum.

Das eigentliche Tasting fand in einem wirklich schönen, stilvollen Raum statt (siehe Foto) und zeichnete sich durch eine wundervolle Auswahl an konzerneigenen Fassstärken aus, sogar ein Strathclyde war dabei! Das Tempo des Tastings war angemessen, man musste sich zu keiner Zeit irgendwie gehetzt fühlen. Stattdessen wurde ausgiebig über die Whiskys diskutiert, alle Meinungen wurden ernst genommen und unser Guide war bemüht nicht zu viel vorweg zu nehmen, aber wirkte dabei dennoch gut geschult und wissend. Ich habe es mir genau so gewünscht. Das gesamte Tasting bestand aus Fassstärken, dabei aber nicht alle von Strathisla, sondern viel mehr aus verschiedenen, auch unbekannteren, Brennereien der Chivas Brothers Gruppe.

Das Line Up sah so aus:

1. Glen Keith - 17 Jahre 1998 / 2016 @ 53,8%
2. Strathclyde - 17 Jahre (Details finde ich leider nicht mehr)
3. Braeval - 16 Jahre @ 54,7%
4. Glentauchers - 15 Jahre @ 56,1%
5. Strathisla - 13 Jahre 2003 / 2017 @ 58,3%

Abschließend kann man sagen: Für sein Geld bekommt man hier wirklich was geboten! Alle Whiskys sind von besonderer Qualität, einem wird definitiv keine "Niete" untergeschoben. Auch "billige Blends" oder "Standards" werden einem auf der Tour und dem Tasting nicht begegnen. Das Tasting findet in wirklich schöner und passender Atmosphäre statt, was will man mehr?

Erkenntnis der Tour: Strathisla ist wirklich eine Perle. Sowohl außen, wie auch innen. Schade, dass es nur eine Originalabfüllung gibt. Und: Grain schmeckt mir nicht. Auch dieser Strathclyde nicht.



Über den Whisky: Dieser Strathisla ist Teil der "The Distillery Reserve Collection". Diese Reihe von Abfüllungen umfasst Whiskys von Brennereien, die alle im Konzern der Chivas Gruppe sind (welche wiederum zu Pernod Ricard gehört). Momentan gehören noch 14 Brennereien zum Konzern (darunter: Strathisla, Aberlour, The Glenlivet, Glen Keith und auch die Grain Brennerei Strathclyde), Glenallachie wird momentan verkauft. Alle Abfüllungen sind ungefärbt und in Fassstärke, viele kommen als Single Cask daher.

Das Tasting Line-up: Zunächst unten von links nach rechts, dann den heutigen
Kandidaten hinten links.
Dieser Strathisla kommt aus einem First Fill Sherryfass, in welchem er 13 Jahre reifen konnte. Für ein First Fill Fass ist das schon eine recht lange Zeit, wie man an der tief roten Farbe schon gut erkennen kann. Die Fassstärke fällt mit 58,3% relativ stark aus.

Nase: Die Farbe des Whiskys und das Etikett verraten es ja schon: ein mächtiges Sherrybrett! Die typischen Sherryaromen kommen richtig heftig in die Nase: eingelegte Rosine, etwas Pflaume, weihnachtlicher Früchtekuchen mit etwas Zimt. Eine schöne Fruchtsüße ist auch dabei, allerdings keine Vanille. Dazu kommt eine starke Kakaonote, die ich erst vor ein paar Tagen auch im 12er Strathisla entdeckt habe (und als "sehr gut" abgespeichert habe!). Der Alkohol ist erstaunlich gut eingebunden, immerhin bringt diese Fasstärke über 58 Prozent auf die Waage! Stechend ist der Whisky auf keinen Fall, vielleicht etwas kühlend.

/mit Wasser: Die Nase wird viel weicher. Ein Effekt, den ich schon bei vielen Sherry-Fassstärken entdecken konnte. Na ja, vielleicht auch nicht so überraschend. Etwas süßer wird der Whisky jetzt, vielleicht sinkt der Kakaoanteil in der Schokolade von 80% auf 60%, oder so. Wir sind aber noch immer nicht bei Vollmilch angekommen. Gefällt mir gut!

Das Etikett zeigt alles, was es muss. Passt.
Geschmack: Vom Mundgefühl etwas dünn, zunächst zurückhaltend. Aber wirklich nur zunächst! Dann kommt eine starke Trockenheit durch, der Mund zieht sich richtig zusammen. Der Alkohol drückt dann doch recht kräftig durch. "Pfeffernote" kann man wohlwollend sagen, "etwas scharf" trifft es unverdünnt aber auch! Extremer Sherry, ganz ganz dunkle Frucht und Beere, etwas Brombeere und vielleicht sogar Erdbeere weit im Hintergrund. Dann übernehmen Kakao und Schokolade

/mit Wasser: Runder, weicher. Etwas Eiche kommt mit ins Spiel. Weiterhin ein wenig prickelnd, aber deutlich angenehmer. Etwas Süße kommt hervor. Vielleicht sogar etwas in Richtung Vanille.

Finish: Das Finish ist natürlich weiterhin sehr trocken. Aber es ist auch erstaunlich lang. Es bleibt eine Bitterkakaonote, die wirklich außergewöhnlich ist. Das ist nicht nur das Fass!

/mit Wasser: Huch! Was passiert denn hier? Direkt zu Beginn kommt eine richtig überraschende Kräuternote. So richtig Hustenbonbon. Damit hatte ich nicht gerechnet, vorher war das kaum zu erkennen. Spannende Entwicklung, es verbleibt danach ordentlich Eiche, Tannine, etwas Kakao/Schokolade.

Der schwarze Hintergrund macht ihn etwas dunkler,
aber ja, dieser Whisky ist dunkel, dunkel, dunkelrot!
Abschließende Gedanken: Ein spannender Whisky. Natürlich ist er absolut vom Fass getrieben; nach 13 Jahren First Fill ist das ja auch kein Wunder! Aber es ist nicht nur die "Sherrybombe", die man erwarten würde. Hier sind auch etwas mehr Beeren im Spiel und vor allem diese Kakaonote hat mich in ihren Bann gezogen. Schade, dass man Strathisla eigentlich nur unabhängig beziehen kann. Aber vielleicht sollte ich mich da etwas weiter umschauen!

Kategorie: Single Malt Scotch Whisky
Destille: Strathisla (Speyside)
Preis: 51-100€ (~80€) / Nur zu erwerben bei: The Glenlivet, Aberlour, Strathisla
58,3%
Kältefiltration: Nein
mit Farbstoff: Nein

Destilliert: 2003 / Abgefüllt: 25.05.2017
Casknumber: 62274

Mehr Informationen:
Strathisla
Whiskybase

Abschließende Bewertung: 6/7

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